„Bevor Sie sich das Leben nehmen, rufen Sie mich an!“
Mit dieser Anzeige begann 1953 der anglikanische Pfarrer Chad Varah seine Arbeit mit den „Samaritans“ im Großraum London, einer Einrichtung, deren Idee ausgelöst wurde durch den Tod eines 14-jährigen Mädchens. Bald fand die Idee auch in Deutschland Nachfolger; zunächst in Berlin durch den Arzt und Pfarrer Klaus Thomas mit dem Angebot einer „Ärztlichen Lebensmüdenbetreuung“ im Oktober 1956. Über einen telefonischen Kontakt sollten persönliche Beratung und Betreuung angeboten werden. Bereits 1957 entstanden weitere Stellen, die sich dann „TelefonSeelsorge“ nannten, zunächst von engagierten Christen ins Leben gerufen und dann von den Kirchen gefördert. Anonymität und Verschwiegenheit bekamen den Vorrang vor den persönlichen Kontakten und Telefon-Seelsorge verstand sich als seelsorglicher diakonischer Dienst, ein offenes Gesprächsangebot für Menschen in Leidens- und Krisensituationen sowie an alle, die Seelsorge und Beratung suchen.
Im 1958 neu gegründeten Bistum Essen wurde unter dem Namen „Ruf und Rat“ am
2. Oktober 1961 die erste TelefonSeelsorge in Essen eingerichtet. Zunächst war sie täglich von 16:00 – 21:00 Uhr von Hauptamtlichen besetzt und wurde 15 Jahre von Hauptamtlichen getragen mit einem hohen Arbeitsanteil an persönlichen Beratungen. 1964 ging die Verantwortung für die Stelle vom Bistum auf die Stadtkirchenebene und den Gemeindeverband über. 1975 begann die Ausbildung für Ehrenamtliche im Telefondienst und damit konnte auch eine höhere Rufbereitschaft angeboten werden. Im Bistum Essen haben die Strukturveränderungen dazu geführt, dass im Jahr 2008 die Trägerschaft an die Caritas abgegeben wurde.
Am 16. April 1966 nahm die Evangelische TelefonSeelsorge Essen ihre Arbeit am Telefon auf. Die Initiative zur Gründung ging von engagierten Christinnen und Christen aus, die das Medium Telefon als ein niederschwelliges Angebot für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Essen nutzen wollten.
Die Vorbereitungen zur Gründung wurden durch die Beratungsstelle des Diakonischen Werkes in Essen durchgeführt und die TelefonSeelsorge war in den Anfangsjahren auch im Diakonischen Werk beheimatet. Später wurde sie eine Abteilung des Evangelischen Stadtkirchenverbandes Essen, des Zusammenschlusses der Gemeinden und Kirchenkreise in Essen. Seit 2008 war der Evangelische Kirchenkreis Essen Träger der Evangelischen Telefonseelsorge Essen.
Zuerst lag die Leitung der Telefonseelsorge bei ehrenamtlich arbeitenden Theologinnen und Theologen. Später wurde die Leitungsstelle hauptamtlich besetzt. Von Anfang an wurden Ehrenamtliche für den Dienst am Telefon ausgebildet.
Mitte der 90er Jahre wurde zwischen den beiden Stellen ein Kooperationsvertrag geschlossen, der den 24-Stunden-Dienst an 365 Tagen im Jahr und eine möglichst hohe Doppelbesetzung für das Einzugsgebiet von 1,2 Millionen Einwohnern gewährleistet.
2014 zogen beide Stellen in gemeinsame Büroräume. Zum 01.01.2020 fusionierten beide Stellen und es entstand eine Trägergemeinschaft, die in einem paritätisch besetzten Kuratorium die Arbeit der TelefonSeelsorge begleitet. Seit der Fusion sind vier Hauptamtliche zuständig für die Organisation der Dienststelle, Auswahl, Aus- und Fortbildung und Begleitung der Ehrenamtlichen.
Heute sind insgesamt 120 ehrenamtliche TelefonSeelsorger*innen im aktiven Dienst am Telefon engagiert. Seit 2019 haben wir uns dem Aufgabenfeld der Mailseelsorge zugewandt. Die hohe Nachfrage in der Online-Seelsorge zeigt, dass es ein sinnvolles und ergänzendes Angebot zum Telefon darstellt und schwerpunktmäßig die Zielgruppe der jüngeren Menschen anspricht. Diesen Bereich wollen wir weiter ausbauen.